A children's book for adults by Jon Evans
Aus dem amerikanischen Englisch von Sven Räbiger

17. September 2007

64. Anspannung und Absicht

Während Zelina, Alabast, Thorn, Stardancer, Silver und Sharpclaw hoch auf der großen Eiche Schlachtpläne ausarbeiteten, blieb Patch neben Twitch unter ihnen auf dem Boden und versuchte sich auf den Tod vorzubereiten. Viele Eichhörnchen um sie herum schauten Patch von der Seite mit hoffnungsvollen, erwartenden Gesichtsausdrücken an, so als ob nur, weil ein paar Katzen zu ihm gekommen waren, er irgendwie eigenhändig das Mittlere Königreich retten könnte.

Er konnte sie nicht ansehen. Soweit Patch es sagen konnte, gab es keine Möglichkeit, wie sie gewinnen konnten. Seine einzige Hoffnung war, dass er irgendwie in der Lage wäre, Redeye und Sniffer in der gegnerischen Armee aufzuspüren und sie Karmerruk zu zeigen, der sie wie ein geflügelter Blitz töten konnte. Aber diese Hoffnung wurde durch die Aussicht zunichte gemacht, in der Nacht zu kämpfen. Es stimmte, dass der Mond voll sein würde und dass sein fahles Licht dem Bussard vielleicht ausreichen würde zu sehen, aber es würde nicht für Patch ausreichen. Es gab keine andere Möglichkeit als bis zuletzt zu kämpfen, bis zum Tod, bis zum letzten Eichhörnchen.

„Haben deine Freunde irgendwelche Nahrung mitgebracht?“ fragte Twitch hoffnungsvoll.

Patch schüttelte jämmerlich den Kopf.

Twitch seufzte. „Nun, ich schätze, morgen wird es Nahrung geben. Ich meine, falls ich noch am Leben bin. Ich hoffe, ich bin es. Ich habe immer gehofft, dass wenn meine Zeit kommen würde, ich nicht hungrig sein würde.“

„Falls du die Möglichkeit dazu hast Twitch, solltest du abhauen.“

„Abhauen?“

Patch schaute seinen Freund streng an. „Ja. Du bist stark genug. Niemand wird sich dafür entscheiden, gegen dich zu kämpfen, falls er es nicht tun muss, vielleicht kannst du der Schlacht entkommen. Geh durch die Berge ins Westliche Königreich. Das ist besser, als hier zu sterben.“

„Flüchten? Patch, ich kann das nicht tun. Ich wäre der letzte meines Stammes! Der letzte der Baumkronen für alle Zeit! Ich würde keine Freunde oder sonst etwas haben! Besser, wenn dies meine Zeit war.“

Patch seufzte und nickte traurig.

Twitch sagte: „Ich wünschte nur, ich wäre nicht hungrig.“

Patch hörte Zischen und Keuchen von oben und sah hinauf, um White zu sehen, die langsam den Eichenstamm herunterwatschelte. Andere Eichhörnchen wendeten sich von ihr ab, als hätte sie die Schwarzblutkrankheit.

Patch bleckte wütend seine Zähne und rief heraus: „White! Hier runter!“

Ihre Augen begannen zu leuchten und sie trabte auf den Boden hinunter und gesellte sich zu Patch und Twitch. Eichhörnchen brachen überall um sie herum in leises Getuschel aus – wie kam es, dass Patch, ihre einzige Siegeshoffnung, Freund von Katzen und Bussarden, mit diesem halbschwänzigen Albino verkehrte?

„Das ist Twitch, mein ältester Freund, das stärkste und mutigste Eichhörnchen im Mittleren Königreich,“ sagte Patch. „Das ist White. Sie hat mir das Leben gerettet.“

„Oh, gut. Ich würde es hassen, wenn Patch tot wäre. Hast du irgendwelche Nahrung mitgebracht?“

White sagte: „Nein, tut mir leid.“

„Ich habe noch niemals zuvor ein weißes Eichhörnchen getroffen,“ sagte Twitch interessiert. „Stimmt es, dass du vom Mond verflucht bist?“

Patch erstarrte, da er befürchtete, White würde schrecklich beleidigt sein, aber tatsächlich lachte sie, wenn auch ungläubig. „Weißt du Twitch, dass du das erste Eichhörnchen bist, das mich das je gefragt hat? Die meisten anderen denken, sie wüssten schon alles, was es über mich zu wissen gibt.“

„Oh, ich nicht,“ sagte Twitch sehr ernst. „Ich weiß beinahe überhaupt nichts.“

„Ich denke, dass dich das sehr weise macht. Die Antwort lautet: Ich weiß es nicht, Twitch. Ich weiß, dass ich direktes Sonnenlicht nicht aushalten kann und den Mittag im Schatten verbringen muss. Ich weiß, dass die anderen Eichhörnchen denken, dass meine Anwesenheit sie verflucht. Aber ich fühle mich nicht vom Mond verflucht. Wenn ich ihn am Himmel sehe, fühle ich mich, als sähe ich meine wahre Mutter.“

Twitch starrte sie fassungslos an. „Noch nie hat mich jemand weise genannt.“

Patch sagte: „Twitch, falls du morgen von einer Schwarzblutratte gebissen wirst, geh zu White, bevor es zu spät ist.“ Nicht dass er dachte, dass irgendeiner von ihnen überleben würde, aber es war besser, vorzugeben, dass er einen Sieg erwartete.

„Wann ist es zu spät?“ fragte Twitch.

„Bevor der Tag zu Ende ist.“

„Nicht notwendigerweise,“ sagte White. „Die, die gebissen worden sind und die die Schwarzblutkrankheit haben, schlafen tagelang, bevor sie in den Tod hinübergleiten.“ Sie zögerte. „Aber wenige von ihnen sterben auf diese Weise.“

Patch schaute sie an.

„Ich habe etwas herausgefunden, Patch. Am Tag, nachdem du gegangen bist habe ich beschlossen – dass ich nicht alleine sein wollte. Ich bin deiner Spur gefolgt. Ich bin in den Ramble gegangen. Da waren Krähen, welche die Toten gefressen haben, aber sie haben keines der Schwarzbluteichhörnchen angerührt. Sie haben diese Eichhörnchen den Ratten übrig gelassen.“

„Und die Ratten haben sie gefressen?“

„Nein. Sie haben sie mitgenommen. Sie haben sie weggeschleift.“

Patch blinzelte. „Wohin weggeschleift?“

„Ich weiß es nicht genau. In die Unterwelt. Ins Untere Königreich.“

„Warum?“

„Ich hörte, wie sich zwei Ratten unterhielten. Sie sagten, dass die Schwarzbluteichhörnchen Nahrung für den Unteren König wären. Sie sagten, sie würden ihn stärker machen.“

Einen Augenblick später sagte Patch atemlos: „Der Untere König ist ein Mythos.“

„Bist du dir da sicher?“

Patch dachte an die Furcht einflößende, fremdartige Witterung, welche aus dem schwarzen Loch, dass Coyote ihm gezeigt hatte, herausgeströmt war und sagte nichts.

„Ich wünschte, ihr würdet aufhören, über Nahrung zu reden,“ beschwerte sich Twitch. „Es macht mich noch hungriger.“

Patch zwang sich, zu kichern. „Über was würdest du gerne reden?“

„Ich weiß es nicht.“ Twitch warf dem Ahornbaum, unter dem die Nahrungsvorräte aufbewahrt worden waren, als es noch Nahrung gegeben hatte, einen sehnsüchtigen Blick zu. „Ich wünschte, wir könnten einfach dieses ganze Warten beenden.“

Patch sagte: „Es dauert jetzt nicht mehr lange.“ Die Sonne schien unnatürlich schnell unterzugehen. Sie war schon halb hinter dem Horizont.

„Schau,“ sagte Twitch. „Da kommt Silver.“

Patchs Mutter gesellte sich zu ihnen. Sie trug einen düsteren Gesichtsausdruck.

„Was ist los?“ fragte Patch.

„Sie kommen,“ sagte sie. „Ich denke nicht, dass sie wirklich angreifen, bevor es Nacht wird, aber wir können das Risiko nicht eingehen. White, du bleibst bei mir. Twitch, Patch, schließt euch euren Kriegsclans an, auf eure Positionen. Das ist es. Die Schlacht kommt.“

Twitch hüpfte eifrig auf seine Füße. Patch stand auf und starrte seine Mutter an. Sie näherte sich ihm, und sie rieben ihre Nasen aneinander und nahmen den Geruch des anderen auf, in dem Wissen, dass dies gut das letzte Mal sein könnte.

„Du warst von der Sorte Sohn, von der jede Mutter träumt, wenn sie erfährt, dass sie trächtig ist,“ flüsterte Silver. „So mutig, so stark, so weise. So wundervolle Freunde. Unsere einzige Hoffnung ruht auf deinen Freunden. Ich hoffe, wir können uns eines Tages zusammensetzen, Patch, und du kannst mir alle deine Abenteuer erzählen, jeden Freund und jede Einzelheit. Ich hoffe, wir werden diese Zeit finden.“

Patchs Kehle war zu voll, um zu sprechen und seine Augen waren voller Tränen, die Welt schien unkontrolliert zu zittern.

„Möge der Mond auf uns alle scheinen,“ sagte Silver, und dann war sie verschwunden.

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Jon Evans is the award-winning author of the thrillers Invisible Armies, Dark Places (aka Trail of the Dead), and The Blood Price. See his web site rezendi.com.

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