A children's book for adults by Jon Evans
Aus dem amerikanischen Englisch von Sven Räbiger

30. August 2007

46. Ein Prinz der Lüfte

„Bist du gekommen, um deinen Schwur zu brechen?“ fragte Patch.

„Nein. Noch werde ich einen deiner Freunde jagen.“

Toro entspannte sich ein wenig.

„Es ist in Ordnung,“ sagte Patch zu White. „Das ist Karmerruk. Er ist…eine Bekanntschaft.“

Whites rote Augen waren weit offen, als sie Patch, dann den Bussard und dann wieder Patch anstarrte.

„Was willst du dann?“ fragte Patch, während er wieder in die Vogelsprache wechselte. „Bist du gekommen, um mich wieder ins Königreich des Wahnsinns zurückzutragen?“

„Nein, Patch, Sohn von Silver. Im Gegenteil, ich war sehr froh, als ich auf diese Ulme herabgeschaut habe und sah, dass du ins Mittlere Königreich zurückgekehrt warst. Ich hätte nie gedacht, dass du in der Lage wärst, eine so große Entfernung zu überwinden um zurückzukehren. Ich bewundere deine Stärke und deinen Mut. Wie ich schon früher einmal gesagt habe, hast du das Herz eines Bussards. Aber das ist nicht, warum ich gekommen bin. Ich bin gekommen, um dich um einen Gefallen zu bitten.“

„Einen Gefallen?“ fragte Patch verblüfft. „Was kann ich wohl für dich tun?“

„Du bist ein Säugetier, das die Vogelsprache besser spricht, als einige Vögel, die ich kenne. Das ist ein seltenes Talent, Patch, und ein wertvolles. Ich wünsche, mich mit deinem König zu unterhalten.“

„Welchem König?“

„Dem Wahren. König Thorn.“

„Aber du arbeitest –“ Patch stockte und erinnerte sich an ihre letzte Unterhaltung. „Aber du stehst Snout nahe.“

„Nicht mehr. Im Gegenteil. Ich schwöre dir beim Blut meiner Nestlinge, dass ich den Tod dieses Rattenlords begehre. Dies tue ich, seitdem ich einige besorgniserregende Wahrheiten und grausame Gerüchte gehört habe. Seitdem ich dein Leben gerettet habe.“

Patch dachte, dass ‚dein Leben gerettet’ eine sehr verzerrte Beschreibung ihres vorherigen Zusammentreffens war, aber er nahm an, dass er durch Diskutieren nichts gewinnen würde. „Was für Wahrheiten?“

„Die Wahrheiten, welche ich deinem König mitteilen will.“

„Du kannst sie mir auch erzählen. Dass musst du sowieso tun.“

Karmerruk machte eine Pause. „Ich nehme an, dass dies wahr ist. Ich nehme an, du weißt bereits, dass sich die Ratten mit den Rebelleneichhörnchen gegen König Thorn verschworen haben. Was du vielleicht nicht weißt ist, dass die Ratten auch jede Maus und jedes Streifenhörnchen, das sie finden, töten. Nicht als Nahrung. Sie töten sie und lassen ihre Kadaver verrotten.“

„Warum würden sie so etwas tun?“ fragte Patch überrascht.

„Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass ich es nicht mag, wenn meine Nahrung von irgendjemandem anderem als mir selbst geschlachtet wird. Ich weiß, dass ich die grausamen Gerüchte nicht mag, die ich begonnen habe, im Wind zu hören; dass der Untere König real ist und die Königin Aller Katzen sich erhoben hat. Ich weiß, dass ich den riesigen Krähenschwarm nicht mag, der so viel von diesem Königreich besetzt hat. Ich weiß noch nicht, was hinter alldem steckt, aber ich weiß, dass ich mit deinem König sprechen möchte. Ich brauche dich als meinen Übersetzer.“

„Kannst du niemanden anderen finden?“

„Jemanden anderen?“ Karmerruk war beleidigt. „Ich biete dir die Gelegenheit, die Stimme zu sein, die für Bussarde und Königtum spricht und du fragst, ob ich jemanden anderen finden könnte? Da ist niemand anderer, Patch. Ich habe nachgeschaut.“

Patch seufzte. „In Ordnung.“

„Großartig. Dann werde ich dich zum Ramble tragen –“

„Nein!“ schrie Patch heraus. „Ich bin krank. Ich wurde vergiftet. Ich werde dich mich nicht wie eine Maus, die du essen willst, herumtragen lassen. Ich gehe zum Ramble, wenn ich bereit dazu bin.“

„Wenn du bereit dazu bist? Und wann wird das sein?“

Patch überlegte. „Vielleicht morgen. Vielleicht übermorgen.“

„Vielleicht morgen? Die entscheidende Schlacht könnte heute stattfinden. Wir können es nicht riskieren, zu warten.“

„Dann geh und finde jemanden anderen.“

„Ich habe es dir schon gesagt,“ sagte Karmerruk finster, „da ist niemand anderes. Ich lasse es nicht zu, dass dein störrischer Eigennutz mir in die Quere kommt!“

„Falls du mich jetzt dorthin bringst, werde ich nutzlos sein. Ich bin beinahe an der Schwarzblutkrankheit gestorben. Ich besitze keine Kraft.“

Karmerruk schaute ihn an. Schließlich sagte er:“ Einen Tag, Patch, Sohn von Silver. Ich werde dir einen Tag geben. Du gehst morgen, oder ich werde dich selbst dorthin tragen.“

Patch seufzte. „In Ordnung.“

Karmerruk blickte finster drein. Dann schlug er mit seinen riesigen Flügeln und erhob sich in den Himmel. Der Windstoß fegte Toro von der Ulme, und der Bluejay musste hinabtauchen, einen Kreis drehen und zurück hoch auf den Ast fliegen.

„Was ist passiert?“ fragte White.

Patch übersetzte.

„Oh nein,“ sagte White, „das kannst du nicht tun. Du siehst doch, was König Thorns Soldaten mit mir gemacht haben. Sie sind entsetzlich, entsetzlich! Und außerdem bist du viel zu schwach um zu reisen!“

„Es geht mir viel besser,“ sagte Patch, und obwohl das, was er sagte, stimmte; er war sogar seit dem Aufwachen noch stärker geworden, musste er zugeben, dass er immer noch schwach genug war, dass die Aussicht auf eine Reise den ganzen Weg zum Ramble entmutigend war.

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Jon Evans is the award-winning author of the thrillers Invisible Armies, Dark Places (aka Trail of the Dead), and The Blood Price. See his web site rezendi.com.

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