5. Eine willkommene Entdeckung
„Patch!“ zwitscherte eine Stimme. „Patch, bist du das?“
Patch schaute zum Himmel und sein Herz erfüllte sich mit Erleichterung, als ein Bluejay herabflatterte und sich auf einen nahe gelegenen Ast setzte. Nichts vertreibt Furcht so, wie das unerwartete Eintreffen eines Freundes.
„Was machst du hier?“ fragte Toro erstaunt.
„Ich bin gekommen, um Nahrung zu holen,“ sagte Patch. „Du hast gesagt, es gäbe hier Nahrung.“
„Gibt es. Gleich hier unten.“ Toro zeigte mit seinem Schnabel tiefer in die Berge hinein. „In diesen schwarzen Dingern drin. Manchmal auch um sie herum.“
„Die Steine?“ fragte Patch ungläubig; aber als er hinsah, sah er die Hüllen dessen, was er für Steine gehalten hatte, im Wind flattern.
„Manche von ihnen sind voll mit Nahrung. Nahrung fällt geradewegs aus ihnen heraus. Geh schon runter, ich zeige es dir.“
„Runtergehen,“ sagte Patch, sogar noch ungläubiger.
„Es ist vollkommen sicher. Folge mir einfach,“ sagte Toro.
Der Bluejay schwang sich in den Wind, winkelte seine Flügel so an, dass er eine langsame, gleitende Kurve beschrieb und landete dort, wo einer der schwarzen Haufen neben einem der eingezäunten Bäume lag.
„Einfach für dich,“ murmelte Patch. „Du bist ein Vogel. Du fliegst dem Ärger einfach davon.“
Aber der Anblick seines Freundes, der lässig genau neben einer der Todesmaschinen hockte war - zusammen mit der Aussicht auf Nahrung - ausreichend, um Patch herunter auf den Beton zu bekommen. Er hüpfte, so schnell er konnte, in Richtung Toro, seinen Kopf von der einen zur anderen Seite drehend, um nach Gefahren Ausschau zu halten. Er fand sie überall. Da gab es Menschen vor und hinter ihm, eine Reihe schlafender Todesmaschinen zu seiner Rechten und zu seiner Linken roch er Ratten. Viele Ratten.
„Das ist es!“ sagte Toro, als Patch ihn erreichte.
Toro klang so stolz, als wäre er vor einem Berg Eicheln höher als ein Mensch gestanden, nicht vor einem Haufen riesiger, faulig riechender, schwarzer Dinger, die aussahen wie Schoten voll Samen und deren glänzenden Hüllen wie Blätter im Wind flatterten. Patch schaute skeptisch zu dem triefenden Haufen verwesenden Schlammes neben einer der Schoten und sagte: „Du hast gesagt, hier wäre Nahrung.“
„Es gibt Nahrung in ihnen drin,“ versprach Toro. „Geh einfach hinein. So machen es die Ratten.“
„Es ist Rattenfutter?“ fragte Patch entsetzt. Ratten fressen alles, je ranziger und ekelhafter, desto besser.
„Ratten kommen hierher,“ gab Toro zu. „So habe ich es gefunden, Ich habe sie gesehen. Aber manchmal ist es auch gutes Essen. Einmal fand ich, genau hier, die wunderbarsten Samen, die ich jemals gekostet habe. Sie waren wundervoll.“
Patch schnüffelte in die Luft. Er roch Bluejay, Todesmaschinen, verrottenden Schlamm und Ratten. Er roch seine eigene Furcht und Hunger. Aber da war noch etwas anderes zwischen alldem. So wie die kleinste Spur von Wein in schlammigem Wasser, oder wie eine einzige Musiknote, die fast von einer grölenden Menge verschluckt wird, roch Patch etwas so köstliches, dass ihm das Wasser im Mund zusammenlief.
„Was ist?“ fragte Toro.
„Es ist da,“ sagte Patch. Er sprang auf das nächstgelegene schwarze Ding. Sein Material fühlte sich seltsam glatt an, machte ein beunruhigendes, knisterndes Geräusch bei der Landung und es war so weich, dass seine Krallen es glatt durchrissen. Patch sprang zur Spitze des Stapels aus großen schwarzen Schoten und riss die Hülle der obersten mit ein paar Bissen auf. Der wunderbare Geruch wurde schlagartig stärker. Patch zögerte nur einen Moment. Dann tauchte er kopfüber in das Loch, das er gemacht hatte.
Es war so dunkel innen in der Schote, dass er nichts sehen konnte. Seine Schnauze traf auf trockene, flatterige Dinge, auf nasse, klebrige Dinge, sogar auf harte Metalldinge. Vom Hunger gepackt, schob er sie alle zur Seite und wand sich tiefer und tiefer, seiner Nase nach dem Geruch folgend, der ihn schwindelig vor Hunger machte. Er fand Papier, das wie die Zeitungen war, die seinen Kobel auskleideten. Er riss das Papier mit seinen Zähnen auseinander. Und im Inneren fand Patch einen Hügel aus Essen, das anders war als alles, was er jemals zuvor geschmeckt hatte. Es war weich, salzig und köstlich. Es gab genug, um die Bäuche von einem Dutzend Eichhörnchen damit zu füllen.
Patch aß und aß und aß.
Bis er gedämpft durch den ihn umgebenden Schmutz Toros hohen, rauen Schrei hörte, der bedeutete: „Gefahr!“
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