13. Sonnwende
Patch wachte mit der Morgendämmerung auf, frierend vor Kälte und wieder einmal mit Schmerzen vor lauter Hunger. Der Morgen war sehr ruhig. Das hohe Gras, in welchem er geschlafen hatte, war bedeckt mit Klumpen von Samen und so versuchte er, ein paar von ihnen aus einem heruntergefallenen Halm zu essen, aber nachdem er ein paar Bissen genommen hatte, stellte er fest, dass sie zwar seinen Bauch füllen mochten, jedoch keinerlei Nährwert besaßen.
Als Patch seinen Kopf aus dem Gras streckte, erfüllte sich sein Herz mit Hoffnung. Die Sonne in seinem Gesicht war zum ersten Mal, seit der Winter begonnen hatte, warm und das allein war schon mal etwas, aber darüber hinaus lag der Ödlandstreifen, welcher letzte Nacht voll von den Todesmaschinen gewesen war, verlassen da. Er machte ein paar provisorische Schritte in Richtung der grünen Bäume –
– als eine riesige Todesmaschine, welche sich schneller bewegte als alle, die Patch jemals zuvor gesehen hatte, vorbeikreischte. Ihr Fahrtwind war so stark, dass er Patch flach ausgestreckt auf den steinigen Untergrund hinabdrückte.
Patch kam steif wieder auf die Beine. Er wollte wegrennen. Aber der einzige Platz, zu dem er rennen konnte, waren die giftigen goldenen Hügel. Er näherte sich dem Ödland erneut und blickte es vorsichtig in beide Richtungen hinunter. Er sah überhaupt nichts. Aber die Todesmaschinen bewegten sich so schnell und konnten aus dem Nichts erscheinen, dass er just in dem Moment, in dem er einen Fuß auf den Beton setzte, zerquetscht werden konnte.
Auf der andern Pfote musste er irgendwann entweder das Ödland überqueren, oder aber in diesem Gras sterben. Und er mochte vielleicht keine bessere Chance mehr bekommen.
Patch senkte seinen Kopf und rannte. Er bezwang die erste Hälfte des Ödlands. Er hüpfte über den niedrigen Metallzaun, welcher in der Mitte des Betons entlanglief. Und dann bemerkte er zu seiner Rechten eine Bewegung; eine riesige Todesmaschine, welche schon viel zu nah war. Es war zu spät, um umzukehren. Patch schloss seine Augen und spurtete zu den Bäumen. Ein gewaltiges, röhrendes Geräusch kam von rechts, es wurde so laut, dass es ihn zu verschlucken schien – dann purzelte Patch durch die Luft – aber er war nicht getroffen worden. Die Todesmaschine hatte Patch um eine Krallenweite verfehlt und der Wind in ihrem Sog hatte Patch erneut erfasst und ihn fest auf den Boden geschleudert.
Als Patch dieses Mal wieder auf die Füße kam, stand er auf kühler, grasbedeckter Erde nahe dem Fuße eines Ahornbaums. Und wenn ihn seine Nase nicht trog, und er war sich sicher, dass sie das nicht tat, wehte ein kühler, süßer, verführerischer Duft vom Baum her herab. Ein Duft, der die wunderbarste Sache auf der Welt bedeutete.
Patch erkletterte diesen Ahornbaum bis ganz hinaus zum Ende seiner Äste und begann die süßen, köstlichen Knospen, welche begonnen hatten, aus seinem knorrigen Holz zu sprießen, zu verschlingen. Die Luft hier war immer noch sauer und beißend – aber nebst diesem Makel konnte er die Ahornknospen riechen und einen Hauch von Blumen, von neuen Gräsern, von einem Wald, der aus einem langen, qualvollen Schlaf erwachte. Patch war krank und verletzt, so weit von seinem Zuhause fort, dass er dachte, der würde es niemals wieder sehen und er befand sich an einem seltsamen Ort voll fauliger Luft, trotzdem lächelt er.
Der Frühling war da.
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